Diese Frage stellen sich vor allem Eltern und Pädagog*innen sehr oft. Autismus ist nicht heilbar, ein autistisches Kind wird immer autistisch bleiben; weil es anders denkt, anders wahrnimmt, die Welt anders erlebt. Aber – und das ist das Hoffnungsvolle – wir können dazu beitragen, dass der Autismus das Leben eines Kindes und damit auch indirekt jenes der Familie mehr oder weniger belastet.
Obwohl man trotz großangelegter Forschungen die genauen Ursachen für die Entstehung von Autismus nicht kennt, gilt es als gesichert, dass die Entwicklung des Gehirns und entsprechende Vorgänge bis zum ersten Lebensjahr von ursächlicher Bedeutung sind. Stephanie Meer-Walter vergleicht Strukturen und Funktionen der Gehirne von autistischen Menschen und von neurotypischen mit unterschiedlichen Computersystemen. Das typische Denken und damit ein ähnliches Zusammenwirken der Neuronen findet man bei den Neurotypischen. Dieses System wird von etwa 99 Prozent der Menschen benutzt, daher halten wir es für „normal“. Nur etwa ein Prozent arbeitet mit einem anderen System: Das sind die autistischen Menschen.
Meer-Walter verwendet zur Veranschaulichung den Vergleich von „Apple“ und „Windows“. Beides sind Betriebssysteme, aber anders aufgesetzt. Um autistischen Menschen Chancen in der neurotypischen Welt zu eröffnen, sollte es uns gelingen, sich die Strukturen ihres Denkens zumindest vorzustellen und zu erahnen. Alle Eindrücke werden erst durch komplexe Vorgänge im Gehirn zu dem, was wir Wirklichkeit nennen.
Es ist eine fordernde Aufgabe, sich jene pädagogischen Methoden anzueignen, mit denen es gelingt, taugliche Konzepte zu entwickeln. Autistische Menschen sind im höchsten Maße von jenen abhängig, die sie umgeben und begleiten. Wir können alle Strukturen leichter beeinflussen und verändern als die inneren Strukturen autistischer Menschen: Tagesabläufe, Raumkonzepte, Gruppenzusammensetzungen, Beschäftigungsmöglichkeiten und vieles mehr. Wir können aber nur einen Menschen bewusst und mit vollem Recht direkt zu ändern versuchen: uns selbst! Verändern wir unsere Sichtweise, so wandelt sich allein dadurch unser Handeln; und seien es am Anfang nur Nuancen. Wenn wir konsequent weiterschreiten, kann es uns gelingen, auf indirektem Weg autistische Menschen zu verändern. Vielleicht nur um Nuancen, aber das kann genügen, die Welt für autistische Menschen zu einer anderen zu machen. Konzept und Gestaltung der neuen Tagesstätte in der Wehlistraße sollen die entscheidenden Voraussetzungen dafür schaffen.
Die Errichtung zu einer Zeit rigoroser Einschränkungen hat uns hohe Lasten auferlegt. Aber wir sind endlich knapp vor dem Ziel. Unsere Kräfte und Mittel sind aber nahezu erschöpft. Wir danken allen, die uns unterstützen!
Die Bau- und Sanierungsarbeiten in der neuen Tagesstätte Wehlistraße sind so gut wie abgeschlossen, eine Auswahl von Bildern der Sanierungsarbeiten finden Sie HIER im FOTOALBUM „Unsere 3. Tagesstätte entsteht“